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Hochdruck-Hydraulik für U2-Bühnenkonstruktion


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Für die aktuelle U2 360° Tour baute die belgische Firma Stageco drei gigantische identische Bühnen. Das Besondere daran ist, dass für den Auf- und Abbau der 230 t schweren Konstruktion ? auch als ?die Kralle' bezeichnet ? erstmals Hochdruckhydraulik verwendet wird. Gemeinsam mit Enerpac entwickelte Stageco auf Basis des Synchronhubsystems von Enerpac eine Lösung zum Errichten der modularen Konstruktion bis auf eine Höhe von 30 Metern.

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`Die Kralle', eine 30 Meter hohe Bühnenkonstruktion, unter der das Publikum von allen Seiten
freie Sicht auf die Band hat.


Die Vergrößerung der Maßstäbe ist in der Welt des Entertainment Trumpf. Auftritte und Tourneen berühmter Künstler und Bands kennzeichnen sich in erster Linie durch spektakuläre Effekte. Die Bühne spielt dabei eine wichtige Rolle. Das gilt auch für die U2 360° Tour. Für diese Welttournee erfanden Showdesigner Willy Williams und Architekt Mark Fischer ?die Kralle', eine 30 Meter hohe Bühnenkonstruktion auf vier Beinen, unter der das Publikum von allen Seiten freie Sicht auf die Band hat.

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Tonangebender Hydraulik-Einsatz für U2-Bühne.

Leapfrogging
Für den Bau der Bühne nahm man mit der Spezialfirma Stageco aus dem belgischen Tildonk Kontakt auf. Übrigens nicht zum ersten Mal, denn auch für eine frühere Tournee von U2 (1997 ? PopMart Tour) entwickelte und baute Stageco die Bühnen. Stageco ist unbestrittener Marktführer und zeichnet sich vor allem durch Maßarbeit aus. So wurden in den vergangenen Jahren unter anderen für die Tourneen der Rolling Stones, von Bon Jovi, Tina Turner, Elton John und Johnny Hallyday Bühnen gebaut. Dabei bietet Stageco ein Gesamtpaket: vom technischen Entwurf über die Fertigung bis hin zur Logistik. Da zwischen den einzelnen Auftritten nur sehr wenig Zeit zur Verfügung steht, und Auf- und Abbau der Bühnenkonstruktion insgesamt ca. 7 bis 8 Tage in Anspruch nimmt, müssen drei komplette Bühnen angefertigt werden. Diese werden dann nach dem ?Leapfrogging'-Prinzip eingesetzt: eine für die aktuelle Show, die zweite wird in der Zwischenzeit auf- und die dritte abgebaut.

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Die vier hydraulischen Einheiten ziehen sich selbst mit der Last in einer
Netto-Geschwindigkeit von ca. 10 m/Std. in den Hebetürmen nach oben.


Geschwindigkeit
Eine der wichtigsten Anforderungen an die Konstruktion bestand darin, dass sie in relativ kurzer Zeit auf- und wieder abgebaut werden konnte. Für Stageco stellte sich die Herausforderung deshalb mit der Frage ?Wie werden wir diese 230 Tonnen schwere Konstruktion jedes Mal wieder montieren und demontieren?' Außerdem musste selbstverständlich auch auf die Logistik geachtet werden, und man benötigte eine Lösung für die Montage der Technik (Licht, Ton) und den speziellen, 60 t schweren Videoschirm, der auch noch hochgezogen und abgesenkt werden musste. Normalerweise arbeitet man bei einer Bühne mit Kettenzügen und Winden, eventuell unterstützt durch relativ leichte mobile Kräne. Bei diesem Projekt war die Last jedoch so groß, dass eine andere Lösung gefunden werden musste. Eine der möglichen Alternativen war der Einsatz extrem schwerer mobiler Kräne mit minimal 400 bis 500 Tonnen Hubleistung. Dabei stellte sich jedoch die Frage, ob derartige Kräne in die Stadien fahren und dort ausreichend stabilisiert werden konnten. Und nicht zuletzt ist der Einsatz derartiger Kräne ausgesprochen kostspielig. Eine andere Alternative war eine temporäre Hebekonstruktion und der Einsatz von Hydraulik, beispielsweise hydraulischer Spannkolben (strand jacks). Auf diese Weise holte Stageco schließlich Enerpac ins Boot. Die Anforderung lautete im Prinzip, dass es ein Plug-and-Play-System sein musste. Die Hydraulikeinheit sollte soweit einsatzbereit sein, dass sie lediglich an das Stromnetz und den Steuerungscomputer angeschlossen werden musste. Die Zusammenarbeit resultierte in einer effizienten Lösung, bei der für derart schwere Lasten erstmals Hochdruckhydraulik zum Einsatz kommt, und zwar in Verbindung mit dem von Enerpac maßgeschneiderten Synchronhubsystem.

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Nach jeweils 6 bis 7 Schritten wird jedem der vier Beine ein weiterer Abschnitt hinzugefügt.

Schrittweise nach oben
Die stählerne Bühnenkonstruktion besteht aus einem zentralen ?Block', der auf vier Beinen ruht. Diese Beine bestehen aus jeweils sechs Abschnitten. Der zentrale Block wird vom Boden aus in 38 Schritten nach oben bewegt, wobei nach jeweils 6 bis 7 Schritten jedem der vier Beine ein weiterer Abschnitt hinzugefügt wird. Für jedes Bein wird ein temporäres Portal (Hebeturm) mit einem Träger oben errichtet. Innerhalb dieses Portals bewegt sich über Führungsschienen ein Gestell mit darauf der hydraulischen Pumpeneinheit, vier Hochdruck-Hubzylindern (350 Bar) mit 20 Tonnen (200 kN) Zugkraft und mit 600 mm Hub und vier 0,5-Tonnen Niederdruck- (60 Bar) Sicherungszylindern mit 260 mm Hub. Je Bühne besteht das komplette Hubsystem damit aus 16 Hubzylindern, 16 Sicherungszylindern und vier kompletten Hydraulikaggregaten. Die Hubzylinder sind mit einem Drucksensor, einem integrierten Wegaufnehmer und zwei Näherungsschaltern ausgestattet. Die Sicherungszylinder sind ebenfalls mit zwei Näherungsschaltern ausgestattet. Die hydraulische Pumpeneinheit besteht unter anderem aus separaten Pumpen: eine für die Hubzylinder und eine für die Sicherungszylinder. Die Steuerung der Pumpeneinheiten erfolgt nach dem ?Master-Slave'-Prinzip über einen zentralen Steuerungscomputer am Boden. Diese Bedienungseinheit ist mit einem Touchscreen ausgestattet, auf dem die Stellung der verschiedenen Zylinder und deren Position in den Hebetürmen grafisch angezeigt wird. Außerdem werden die Kräfte je Hubzylinder, je Hebeturm und insgesamt dargestellt. Darüber hinaus ist auf jeder Plattform eine lokale SPS installiert, um die Hebeplattform eventuell lokal bedienen zu können.

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Innerhalb dieses Portals bewegt sich über Führungsschienen ein Gestell mit darauf der
hydraulischen Pumpeneinheit, vier Hochdruck-Hubzylindern und vier Sicherungszylindern.


Auf und ab
Zunächst werden die kompletten Pumpeneinheiten mit einem kleinen, mobilen Kran in den Hebetürmen positioniert. Zu Beginn des Hebevorgangs ruhen die Enden des zentralen Blocks auf den Gestellen mit den Enerpac-Einheiten. Beim Anheben werden zunächst die oberen Träger hydraulisch eine Stufe nach oben gedrückt, um anschließend mithilfe hydraulischer Sicherungszylinder mit Sicherungsstiften mechanisch gesichert zu werden. Anschließend werden die untersten Sicherungsstifte hydraulisch entfernt, und die Zylinder ziehen die Last dieselbe Stufe nach oben. Auf diese Weise ziehen sich die vier hydraulischen Einheiten selbst mit der Last in einer Netto-Geschwindigkeit von ca. 10 m/Std. in den Hebetürmen nach oben. Hubsynchronizität ist dabei aufgrund auftretender Torsionsspannungen besonders wichtig. Stageco arbeitet mit einer Toleranz von 5 bis 10 mm. Das scheint viel zu sein, aber es reicht aus, da die Entfernung zwischen den Hebetürmen 35 m beträgt. Auf dem Display des Steuerungscomputers ist außerdem zu sehen, dass die Last in den vier Türmen exakt gleich bleibt. Übrigens geht aus dem Display auch hervor, welche Stufen des Hebevorgang bereits genommen sind. Der Operator muss dem System für jede Stufe den Auftrag erteilen. Nach dem Aufbau werden die Pumpeneinheiten mit einem Kran aus den Hebetürmen entfernt und die Türme demontiert. Beim Abbau der Gesamtkonstruktion funktioniert das System nach demselben Prinzip, aber dann natürlich in entgegen gesetzter Richtung. Die Pumpeneinheiten stehen dann wieder auf dem Boden, und können für den Transport zum nächsten Stadion verladen werden.

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Für jedes Bein wird ein temporäres Portal (Hebeturm) mit einem Träger
oben errichtet.


Sicherheit
An keinem Punkt hat Stageco Zugeständnisse an die Sicherheit gemacht. So war beispielsweise die mechanische Verriegelung der Hebeplateaus ein besonders wichtiges Element. Dank des computergesteuerten Synchronhubsystems von Enerpac konnte auch diese Anforderung vollständig erfüllt werden. Jeder Schritt des Hebevorgangs wird kontrolliert, und der folgende Schritt kann nur dann erfolgen, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Außerdem gibt das System Aufschluss darüber, in welcher Position sich die Last befindet und wie sich die Spannungen während des Hebevorgangs verteilen. Dazu werden die Kräfte vom Enerpac-System kontinuierlich und in Echtzeit gemessen. Wenngleich die Geschwindigkeit der Arbeit eine Rolle spielt, betrachtet Stageco vor allem die Sicherheit als einen der wichtigsten Vorteile dieser Technik. Und in Anbetracht der Tatsache, dass die drei Bühnen in den kommenden zwei Jahren durch die ganze Welt reisen werden, liegt der Schwerpunkt nicht zuletzt auch auf der Zuverlässigkeit und Haltbarkeit. Ein weiterer zusätzlicher Vorteil besteht darin, dass Enerpac weltweit vertreten und aktiv ist, findet Stageco. Dass sich die ständige Vergrößerung der Maßstäbe in der Welt des Entertainment durchsetzen wird, ist eindeutig. Da Stageco nunmehr über die neuesten Technologien verfügt, bieten sich auch für Showdesigner zusätzliche Möglichkeiten. Nicht zuletzt dadurch werden viele zusätzliche Schauplätze für spektakuläre Bühnen zugänglich. Kurzum, ein technologischer Schritt, der einen neuen Trend auslöst.

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Die Kräfte werden vom Enerpac-System kontinuierlich und in Echtzeit gemessen.

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Herstellerlink: www.enerpac.de
Unternehmenslink: www.stageco.com

(Fotos: Enerpac)
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