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"Silberwürfel" auseinander genommen


Bauforum24

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Garching bei München, im Juni 2007. Bis Mitte Mai war der Abbruch des Karstadt-Kaufhauses und ehemaligen Centrum-Warenhauses in der Dresdner Innenstadt noch in vollem Gang. Vom Abriss betroffen auch das nebenstehende Gebäude, der Pavillon, in dem das Restaurant International untergebracht war. Beides sind Relikte früherer DDR-Architektur und müssen für einen noch größeren Einkaufstempel mit 52 000 Quadratmeter Verkaufsfläche auf vier Ebenen und tausend Stellplätzen weichen. Die neue Centrum-Galerie, die der holländische Investor, Multi Development, plant, soll aller Voraussicht nach im Herbst 2009 ihre Pforten öffnen und deutlich größer als benachbarte Kaufhäuser ausfallen.

Ende November, als die Waren schon längst aus den Regalen verschwunden waren, startete die für den Abbruch beauftragte Firma A.R.D. Abbruch & Recycling Dresden GmbH das Entkernen der Immobilie. Zwischen 50 und 60 Mitarbeiter untersuchten zunächst das Gebäude nach Schadstoffen, demontierten alle Einbauteile wie Türen und Fenster, entfernten Haustechnik, Dämmmaterialien, Deckenverkleidung, Zwischenwände, Boden- und Wandbeläge. ?Es ist wichtig das Bauwerk ordentlich zu entkernen", weist A.R.D.-Bauleiter Carsten Netzker hin, ?denn wir haben lediglich den Schrott von den Abbruchmassen getrennt. Die Abbruchmassen werden anschließend als Recyclingmaterial wieder verwertet."

Damit das 200 Meter lange und 22 Meter hohe Gebäude plus sein Betonkern zerkleinert werden konnte, rückten Cat-Bagger, wie ein 345, zwei 330 oder ein 320, mit und ohne Longfront an, die das Unternehmen zum einen von der Niederlassung Dresden der Zeppelin Baumaschinen GmbH bezogen hatte. Zum anderen stammten die Baumaschinen von der Mietstation Dresden der MVS Zeppelin GmbH & Co. KG. Um ihre Maschinenflotte zu verstärken, hat das Unternehmen auf der Bauma einen neuen Cat 323 D geordert.

Auf der Dresdner Baustelle zählte letztlich jeder Zentimeter, damit die Maschinen auch die letzten Winkel des 22 Meter hohen Gebäudes erreichen konnten. Und so funktionierte die Arbeitsteilung: Während sich die großen Cat-Bagger mit ihrem Longfront-Ausleger an den Abbruch des Daches von dem Kaufhaus machten, knöpften sich die kleineren Cat-Bagger die unteren Decken vor. Stück für Stück wird das Warenhaus von ihnen auseinander genommen.

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Während sich die großen Cat-Bagger mit ihrem Longfront-Ausleger an den Abbruch des Daches
machten, knöpften sich die kleineren Cat-Bagger die unteren Decken vor.


Für diese Aufgabe sind die Baumaschinen der Abbruchfirma A.R.D. Abbruch & Recycling Dresden GmbH gut ausgestattet: Mit Abbruchscheren, Betonpulverisieren sowie Hydraulikhämmer gingen die Geräte an ihr Werk und arbeiten sich immer weiter vor, wobei der Zeitrahmen begrenzt war, dem Betonklotz den Garaus zu machen. Für das Restaurant nebenan hat man nur zwei Wochen gebraucht. Ende Mai waren nur noch die Fundamente des einstigen Centrum-Warenhauses übrig. Pro Stunde sind etwa 54 Quadratmeter Decke verschwunden. Begonnen wurde mit dem Abbruch an der Seite der Prager Straße. Eine Schwierigkeit bereitete die große Menge an Stahl, der eingearbeitet war. Lediglich die Decken wurden als kleines Gewölbe betoniert. Deswegen musste der schwächste Punkt des Gebäudes an seiner Engstelle ermittelt werden, bevor die Bagger mit ihren Abbruchwerkzeugen ansetzen konnten. Erst dann konnten die Abbruchscheren die Decken einschneiden, bis sie nach unten sanken. So zertrümmerten die Bagger die Betonplatte oder brachten die Säulen zu Fall.

Dabei stand die Baustelle unter ständiger Beobachtung ? die Abbrucharbeiten wurden von den Passanten in der Haupteinkaufsstraße vom Bauzaun aus laufend beobachtet. Der komplette Abbruch erforderte konzentriertes und sauberes Arbeiten von den Maschinisten. ?Sie haben ihre Arbeit bis jetzt wirklich sehr gut gemeistert", lobte Bauleiter Carsten Netzker sein fünfköpfiges Baumaschinistenteam, ?die Arbeit war oft sehr anstrengend, da die Fahrer von morgens bis abends unermüdlich mit ihren Maschinen das Bauwerk und seinen Beton zerkleinerten."

Viel Geduld hatten aber auch Anwohner und Hotelgäste bewiesen aufgrund einer nicht unerheblichen Staubbelastung. Kurzzeitig kam sogar der Verdacht von Asbest auf, was nahe liegen würde, bedenkt man, zu welcher Zeit der Bau in der ehemaligen DDR entstand. Doch das Umweltamt der Stadt Dresden konnte sehr schnell Entwarnung geben. Die Befürchtungen, von dem Staub gingen Gefahren aus, erwiesen sich als unbegründet. Bereits kurz nach der Wende musste sich das Warenhaus einer großen Asbestsanierung unterziehen. Bevor mit dem Abbruch begonnen wurde, seien alle noch vorhandenen Asbestreste entsorgt worden, erklärte das Umweltamt. Um den Staub einzudämmen, wurde die Baustelle immer wieder mit Wasserschläuchen nass gesprüht.

Abgesehen vom Asbestverdacht rückte das ehemalige Centrum-Kaufhaus noch aus einem anderen Grund in den Fokus des Interesses. Der ?Silberwürfel", so wie der Bau aufgrund seiner silberig glänzenden Fassade bestehend aus 4 500 Aluminium-Waben auch genannt wurde, gilt als ein markantes Beispiel für die in den siebziger Jahren aufkommende typische Warenhaus-Architektur in Ostdeutschland. ?Von vielen Seiten aus haben wir Anfragen erhalten, ob man diese Waben nicht kaufen könne", berichtet Carsten Netzker. Architekturhistoriker forderten aus Nostalgie, den Bau zum Denkmal zu erklären und als Relikt von DDR-Historie zu erhalten. Hatte er doch sehr die Prager Straße, eine der ersten Einkaufsmeilen Deutschlands, geprägt. Doch die Karstadt-Gruppe, der die Immobilie gehört, hat sich für den Abbruch entschieden. Aus statischen Gründen konnten die 15 Kilogramm schweren Waben für die neue Fassade an der Centrum-Galerie nicht mehr verwendet werden, sondern wurden Ende Februar abmontiert. Aber es wird laut dem Entwurf von Architekt Professor Peter Kulka, der als Sieger aus einem Wettbewerb zur Fassadengestaltung hervorging, wieder Waben geben, um dem Erscheinungsbild von früher zu entsprechen. Sie müssen allerdings neu angefertigt werden. Somit werden die Dresdner wieder einen ?Silberwürfel" erhalten.

(Foto: Zeppelin)
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