Aufträge vom Senat auch ohne Dipl. Ingenieur ???

[Form 8A 230]

Mir rollen sich schon mal die Fußnägel auf, wenn ich lese wie manche TE an die Existenzgründung gehen. Wie oft wird von schönen und großen Maschinen geträumt ohne deren Notwendigkeit und Finanzierung zu hinterfragen. Und ganz abgesehen davon, dass jegliche berufliche Erfahrung fehlt

Ein Forum wie dieses kann keine qualifizierte Beratung ersetzen. Wobei ich die qualifizierte Beratung vom Verkaufen unterscheide. Deshalb sollten die Empfehlungen der Berater nicht einfach kritiklos übernommen, sondern auch auf Plausibilität überprüft werden.

Ein solcher Masterplan muß die grundsätzlichen Fragen stellen und beantworten:

* Was kann ich, was andere nicht können
* Wer ist dafür bereit, etwas zu zahlen?
* Wie finde ich die Leute, die mich für meine Kenntnisse und Fähigkeiten bezahlen?
* Wie überstehe ich die erste Zeit zwischen Arbeitsbeginn und der ersten bezahlten Rechnung?
* Welchen rechtlichen Rahmen benötige ich, um am Markt aufzutreten und legal die Tätigkeit anzubieten?
* Ist es realistisch, mit Investition X die Einnahmen Y zu erwirtschaften um zum Zeitpunkt Z einen Break-Even zu erreichen?

Das sind die Fragen, die man sich zwingend stellen und beantworten muß. Danach geht`'s weiter: Ist das eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit die ich ausüben möchte? Bei beiden Tätigkeitsformen brauche ich ggfs. Qualifikationen, bspw. im freiberuflichen Bereich den Mediziner, Juristen, Architekten oder Ingenieur, im gewerblichen den Meisterbrief. Im weiteren Schritt wäre somit mit den Kammern (HWK, IHK) und Gewerbeaufsichtsamt abzuklären, welche Qualifikation muß vorhanden sein.

In manchen Berufen wurde der Meisterzwang gelockert: Mir fallen Fliesenleger, Trockenbauer oder Estrichleger ein. Aber: wenn man da nix kann, ist man ganz schnell wieder weg vom Fenster.

Nächste Fragen: was brauche ich an Manpower, Werkzeugen und Maschinen? Wie finanziere ich das? Was habe ich an Eigenkapital, bzw. wie sieht es mit meiner Bonität aus und bekomme ich überhaupt Geld von der Bank - Stichwort Basel II? Gibt es Förderprogramme?

Aufträge: Wer ist mein potentieller Kunde? Wie werde ich und mein Angebot bekannt - wie werbe ich? Wie beschaffe ich auch ohne Referenzen Aufträge? Meistens ist es sinnvoll einen gesunden Mix aus privaten und öffentlich rechlichen / gewerblichen Auftragnehmern zu haben, auch in Hinblick auf Auftragsgröße und Zahlungsmoral bzw. Zahlungsausfälle.

Noch ein Wort zu Kammern, Berufsgenossenschaften und Krankenkassen: Diese Institutionen können ihre (Zwangs)Beitragsforderungen per Bescheid formulieren. Wenn man das auf die leichte Schulter nimmt, ist ganz schnell Schluß mit dem Jungunternehmen.

bearbeitet 19. Juli 2010 von Form 8A

[ZX250 103]

Ja, lieber Karl,

du hast den Nagel auf den Kopf getroffen!

Die Punkte, die du aufführst, sind genau die, womit die Jungunternehmen/Jungunternehmer zu kämpfen haben - und ich weis genau, worüber du sprichst.

Zehn Jahre werde ich wohl benötigen, um mein Geschäft auf einen sicheren Stand zu bringen, dessen bin ich mir bewusst. Davon habe ich jetzt drei 1/2 bereits rum und das war bisher kein Honigschlecken! 300 Stunden und mehr sind in den Sommermonaten die Regel. Und der Kampf geht jeden Tag weiter. Bei jedem Auftrag wird 3 mal gekämpft: Zuerst um den Auftrag, dann bei der Ausführung der Arbeiten (Termine, usw) und letztendlich (leider nur mit wenigen Ausnahmen) ums liebe Geld.

Fazit:

Zehn Jahre hart arbeiten und mehr oder weniger auf alles private verzichten, nach dem Motto: Die Firma geht immer vor und steht an erster Stelle.

Jeder, der sich selbstständig macht, sollte sich die Frage stellen, ob er das aushält und ob ihm das die Sache (Selbstständigkeit) wert ist.

[SirDigger 2.069]

Deswegen heißt es halt selbst&Ständig.


Es ist natürlichauch eine Sache der Referenzen, aber da unsere Städte&Gemeinden eh zu95% keinen €
zuviel haben, zähl der Preis.

Weswegen muss man sonst sich beschweren wenn die Galabauer/Landwirtschaftliche Lohndienstleister
meinen sie dürften Kanalbau machen.

Typisch deutsch ist die Frage nach den Referenzen, wie soll man Referenzen bekommen, wenn man Referenzen braucht um arbeiten zudürfen, wobei Referenzen meistens nur zur Absicherung abgefragt werden, da schaut selten wer rein, es sei den ist ist was sehr spezielles.

[Bauen-aus-Leidenschaft 19]

Gudde! Ich will nur kurz was los werden, weil ich auch selbständig im Bauhauptgewerbe bin. Allerdings zum einen schon in der dritten Generation, zum anderen nicht als alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer.

Obwohl mich mein Beruf gerade enorm nervt: "Selbständigsein" kann auch sehr schön sein. Denn: sonst würden wir es auch schlicht nicht machen!!!
Also: das Thema nicht von vorneherein als unmöglich bezeichnen. Jeder sollte bedenken: auch ein Philip Holzmann, ein Max Bögel und ein Joseph Rädlinger mussten erst einmal Ihre Firmen gründen.

ABER: wer sich selbständig machen will, muss zuallererst sein Handwerk verstehen, egal worum es geht!!!! Das ist das wichtigste. Dan kommen noch viele Probleme wie Auftragsbeschaffung, Finanzierung, gesetzliche Vorgaben und und und...
Aber so oder so: ohne FACHKOMPETENZ geht alles in die Hose!

Also lieber TE: dein Wille und dein Ehrgeiz in Ehren, aber arbeite erst noch 5 bis 10 Jahre in der Branche, die dir am meißten Spaß macht. Lerne, schaue und höhre zu, probiere aus, denke nach, sammle Erfahrung.
Wenn du dann Erfahrung und Wissen hast, und immer noch Freude an dieser Arbeit hast, DANN, und nur DANN denke über die Selbstständigkeit nach.

[Tobi_Laatzen 163]

Hallo zusammen,
nachdem ich mir hier das durchgelesen habe, was andere schon geschrieben habe, möchte ich nun auch mal etwas zum Thema selbstständig sein beitragen.
Ich bin Diplom Landwirt. Ich komme aus der Region Hannover und betreibe seit zwei Jahren einen der letzten landwirtschaftlichen Betriebe im Süden Hannovers (direkt angrenzend). Wenn ich nicht schon während der s.g. Gesellenzeit auf dem elterlichen Hof weitere Aufgabenbereiche entwickelt hätte, dann wäre ich jetzt mittellos. Ich bin inzwischen hauptsächlich ein kleines LU (landwirtschaftliches Lohnunternehmen), was aber auch im Bereich des Landschaftsbau und im kommunalen Sektor tätig ist. Nebenher bewirtschafte ich aber auch noch ein paar Hektar eigenes Land. Es ist ein sehr hartes Geschäft, meine Familie leidet sehr darunter, aber ich kann und will (noch) nicht aufgeben. Ich bin fast 32 Jahre alt und muss für meine Frau, die bei mir als Sekretärin arbeitet und meine beiden Töchter (7 und 2) ernähren. Ich bin momentan täglich so ca. 14 bis 15 Stunden unterwegs um meine Arbeit mit alten Geräten zu machen. Ich habe mir seit 2 Jahren erst eine neue Maschine (einen Anhänge-Dumper) geleistet, nicht weil ich es konnte, sondern weil ich diesen zum Geldverdienen benötige. Neu ist hierbei eigentlich auch nicht richtig, er war bereits gebraucht. Also, ich arbeite derzeit als Landwirt hauptberuflich, daneben aber noch als Sub für die Stadt (Bauhof, vorallem Winterdienst) und für GaLaBauer und andere Bauunternehmen (hauptsächlich als Transportunternehmer mit Trecker und o.g. Muldenanhänger). Nur mit diesem Aufwand schaffe ich zur Zeit einen monatlichen Gewinn von knapp 150,- €uro. Irgendwann habe ich dann das potenzial größer zu werden, aber bis dahin maloche ich (fast) bis zum umfallen.
Bye bye ... Der Tobi aus Laatzen.