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Putzmeister Betonpumpe in Kältekammer


Bauforum24

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Putzmeister-Betonpumpen sollen hart im Nehmen sein. Und ihre Einsatzbedingungen so vielfältig wie das Klima unseres Planeten: extreme Luftfeuchtigkeit, hohe Staubbelastung der Luft und Außentemperaturen von Plus 50°C stellen an die Maschinen hohe Anforderungen. Hinzu kommen die dynamischen Beanspruchungen. Dabei werden nicht nur der Antriebsmotor und das Kühlsystem der Trägerfahrzeuge belastet, sondern auch der Stahlbau, die Hydraulikkomponenten sowie die Elektronik und Steuerung. Wo liegt eigentlich die Grenze des Zumutbaren, z.B. bei Einsätzen im tiefen Winter?

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Selbst Stunden nachdem die betriebswarme Putzmeister-Autobetonpumpe in die tiefgekühlte
Klimakammer gefahren wurde, geben Stahlbau und Betriebsstoffe noch Restwärme ab ? gut
zu erkennen an den Farben auf dem Monitor der Infrarotkamera.


Dazu wurde eine serienmäßige Autobetonpumpe des Typs BSF 20-4.09 H im neuen Klima-Wind-Kanal Wien über 16 Stunden bei Minus 25°C aufgestellt, betrieben und die gesammelten Messwerte dokumentiert.

Vor dem Test hatte man die Software der Maschinensteuerung überarbeitet, um Online weitere Überwachungsdaten aus dem Maschinenbetrieb über den CAN-Bus der Autobetonpumpe auszulesen. Weit über 60 Temperatursensoren wurden an diversen Elektronikkomponenten (z.B. Funkfernsteuerung, Magnetschalter, Schaltschrank), an Hydraulikbauteilen ( u.a. Mastpumpe, Hydraulikleitungen, Rührwerkspumpe, Steuerblock, Filtereinheit, Armzylinder) sowie im Bereich des Stahlbaus (Drehwerk, Wasserkastenaufhängung, Rohrweiche, Verschleißbrille) angebracht. Ein Messsystem übermittelte die Temperaturdaten an einen Rechner in einer benachbarten Warte. Zusätzlich konnten über eine Wärmebildkamera die unterschiedlichen Temperaturverläufe der einzelnen Komponenten dokumentiert werden.

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Wenn die Wärmebildkamera die Farbe Blau anzeigt, ist's richtig kalt ?

Zuvor hatte der PM-Kundendienst die Aufbaueinheit komplett auf tieftemperaturfähige Betriebsstoffe umgerüstet. Dazu zählte das Auftanken mit Polardiesel (geeignet bis Minus 30°C), das Füllen des Wasserkastens mit Frostschutzmittel (zugelassen bis Minus 35°C), das Entwässern aller Sammler sowie die Umölung der Maschine und das Umfetten der Zentralschmierung.

Um das Betonieren so realitätsnah wie möglich nachzustellen, wurden Ersatzgewichte am Heck der Maschine und an der Förderleitung der einzelnen Mastarmen angebracht. Nach mehreren gescheiterten Kaltstartversuchen konnte der LKW mit Hilfe eines Startsprays (?Startpilot") in Betrieb genommen werden. Nach der vorgeschriebenen Warmlaufphase im Leerlauf (30 min. laut LKW-Hersteller) gehörten zum Testprogramm u.a. das Ausfahren der Abstützung, die Inbetriebnahme des Armpakets mit wiederholtem Anfahren von zuvor definierten Messstellungen, das Einschalten der Kernpumpe (mindestens 25 Hubzyklen bei maximaler und minimaler Pumpgeschwindigkeit im Trockenlauf). Ein förderfähiges Pumpmedium wurde aufgrund der Platzverhältnisse und Klima-Kanal-Vorschriften nicht eingesetzt.

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Während des Tests waren an der PM-Autobetonpumpe über 60
Sensoren angebracht, die ihre Messwerte an externe Rechner
weiterleiteten.


Wohlgemerkt ? es sollte nicht eine spezielle ?Tiefsttemperatur-Ausstattung" für Autobetonpumpen getestet werden. Dazu hätten beispielsweise die Isolation der Förderleitung sowie ein wärmegedämmter, beheizbarer Wassertank gehört. Auch das Problem der Reinigung von Pumpe und Rohrleitung bei extremer Kälte stand hier nicht im Vordergrund. Vom Anwärmen der Betonzuschläge, von der Isolation oder gar dem Beheizen der Schalung ganz zu schweigen. Was die PM-Techniker vielmehr interessierte war die Antwort auf die Frage: Sind die Funktionen einer serienmäßigen Autobetonpumpe auch noch bei Minus 25°C gegeben?

Gemäß den vom VDMA und mehreren Betonpumpen-Herstellern erarbeiteten Sicherheitsvorschriften ist der Betrieb der Maschinen bis zum Temperaturbereich von Minus 15°C zugelassen. Bei noch tieferen Temperaturen ? so das Handbuch - drohen Sprödbruchgefahr und unkalkulierbare Risiken durch den gefrierenden Beton.

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Eine Anzeige informiert u.a. über die erreichte Temperatur und Windgeschwindigkeit in der
Kältekammer
.

Während bei PM-Autobetonpumpen für die Maste und Abstützungen nur sehr hochwertige Stahlteile verwendet werden (belastbar z.T. bis Minus 40°C), sind kleine Bauteile mitunter aus einfachen Stählen hergestellt. Das ist unter dem Gesichtspunkt der typischen Belastung und der üblichen Einsatzbedingungen der Teile genauso vernünftig wie unter dem Kostenaspekt. Nur - bei Minus 25°C ist die Belastbarkeit dieser Stähle eben stark reduziert. Der so genannten Kerbschlagarbeit kommt unter diesen Bedingungen eine zunehmende Bedeutung zu, d.h. der Wert, der Aufschluss gibt über die Sprödbruchgefahr des Materials bei tiefen Temperaturen.

An der Temperaturfestigkeit der beiden Haupthydraulikpumpen für das Armpaket und die Kernpumpe hatten die PM-Technikern von Beginn an keine Zweifel, und der Test bestätigte sie. Denn der Zulieferer dieser wichtigen Betonpumpen-Komponente garantiert die Funktionsfähigkeit auch bei Minus 25°C. Jedoch bei vielen und wichtigen Hydraulikkomponenten, elektronischen Bauteilen und der Steuerung war man sich nicht so sicher. Denn entweder lagen die ?offiziellen" Grenzwerte für einwandfreies Funktionieren im weniger kalten Temperaturbereich oder es gab keine eindeutigen Aussagen seitens der Lieferanten. Für die Kabelbäume liegen z.B. Werte vor, die im statischen Betrieb eine Tiefsttemperatur von -40°C zulassen. Doch wie sieht es in bewegten Bereichen, z.B. am Armpaket aus?

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Vom Kontrollmonitor aus werden die Sensordaten und Klimakammer-Parameter überwacht.

Ohne den endgültigen Ergebnissen vorzugreifen kann man zusammenfassen, dass sich sowohl die Fahrzeugtechnik als auch die von Putzmeister verwendeten Baugruppen und Komponenten (Stahlbau, Elektronik und Hydraulik) im stundenlangen Betrieb bei Minus 25°C gut bewährt haben. Sollte es tatsächlich zu einer Zulassung des Betonierens bei diesen extremen Temperaturen kommen, würde PM einige wenige Details optimieren. Die Hauptfunktion einer Betonpumpe, nämlich das Fördern eines pumpfähigen Mediums ? das hat der Test klar ergeben - ist selbst bei Minus 25°C gewährleistet.

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Messung der Kerbschlagzähigkeit.

Der Wiener Klima-Wind-Kanal
Der Klima-Wind-Kanal Wien wird von Rail Tec Arsenal (RAC), einem unabhängigen Forschungs- und Testinstitut betrieben. Vor allem Schienenfahrzeuge, LKW und Busse, aber auch PKW und Helikopter werden hier vor der Serienfertigung auf ihren zuverlässigen Betrieb auch bei extremen klimatischen Bedingungen getestet. Die Kundschaft ist international. Die Anlage besteht u.a. aus zwei Klima-Wind-Kanälen mit 100 m und 31 m Nutzlänge, einer Vorwärmkammer, zwei Vorbereitungshallen, zwei Messwarten sowie einer Steuerungszentrale. In den RAC-Klimakanälen lassen sich Temperaturen von -50°C bis +60°C, Windgeschwindigkeiten bis 300 km/h und eine relative Luftfeuchtigkeit bis 98 % simulieren. Aber auch die intensive Bestrahlung mit Sonnenlicht lässt sich hier nachstellen. Der Anfang 2003 in Betrieb genommen Klima-Wind-Kanal ist Nachfolge der Wiener Fahrzeugversuchsanlage (FVA), in der bereits 1961 Klimatests für Lokomotiven und Waggons durchgeführt wurden.

Was ist Kerbschlagzähigkeit?
Die über Internet zugängliche Enzyklopädie Wikipedia definiert die Kerbschlagzähigkeit als ein Maß für die Widerstandsfähigkeit eines Werkstoffs gegen eine schlagende, d.h. dynamische Beanspruchung. Die Einheit ist die geleistete Kerbschlagarbeit bezogen auf die Bruchfläche in [J/cm²]. Diese Zähigkeit ist abhängig von der Temperatur (warmer Stahl ist zäher als im erkalteten Zustand) und von der Probenform (gekerbter Stahl ist weniger zäh).

(Fotos: Putzmeister)
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Hallo, gerne erinnere ich mich an die Diskussionen mit Putzmeisterverkäufern Anfang der 70er Jahre, als ich den Einkauf meiner 2. Betonpumpe vorbereitete. Wenn dann das Gespräch auf die Wasserhydraulik und den Wintereinsatz kam, und man mir weismachen wollte, dass Putzmeister von diesem preiswerten System nie Abstand nehmen würde. Solch eine Pumpe hätte ich gerne mal in der Kältekammer gesehen.- Übrigens habe ich mich damals wieder für eine Schwingpumpe mit Ölhydraulik entschieden. Gruß hansernst
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