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Neue Heimat für eine alte Dame


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Viele Jahre stand sie nun schon auf ihrem Platz, ein Denkmalsockel auf dem Wiesentaler Schulhof. Die Jahreszeiten sind über sie hinweggefegt, eisige Winter, warme Frühlinge, heiße Sommer und feuchte Herbste. Genügsam hatte sie den spielenden Kindern auf dem Schulhof zugeschaut. Die ließen sie in Ruhe. Meistens jedenfalls. Wenn jedoch ein allzu vorwitziger Schüler auf ihr rumturnte musste er zur Strafe die Schulordnung abschreiben, wenn er erwischt wurde.
Ein bewegtes Leben hat sie hinter sich. Gebaut 1939 bei Carl Kaelble in Backnang kam sie sofort zu ihrem Besitzer, der Firma Wagenhan nach Wiesental. Stolz trägt sie noch heute die emailierten Firmenschilder. Dann kam der Krieg. Nach der Überlieferung musste sie für die Organisation Todt bis nach Russland an die Ostfront. Von dort kehrte sie aber nach dem Krieg wieder heim ins schöne Wiesental. Dort war Wiederaufbau angesagt. Viele Jahre war sie im Einsatz, bevor sich der Heimatverein Wiesental der alten Dame annahm. Dieser stellte sie auf ihren Rentnerplatz an der Bolandenschule. Wie ein weiterer Orden trug sie nun auch das Schild des Heimatvereins an ihrem Rumpf.
In den letzten Jahren hatte sie immer öfter Stimmen gehört, dass sie weg musste. Ihren schönen Platz verlassen. Ganz traurig wurde sie darüber. Und heute, am Samstag den 14.April 2012 geschah Merkwürdiges. Diesmal kamen keine Kinder und turnten auf ihr rum, ausgewachsene Männer waren das. Waren das Schrotthändler, die sie zu ihrem letzten Weg begleiten sollten? Aber eines der Kinder war ja dabei. Da kam auch noch ein alter Lkw, so was kannte sie noch aus ihren Arbeitstagen. Anfangs sträubte sie sich, ihren Platz vom Sockel zu verlassen. Doch sie spürte, wie sich die Männer behutsam ihrer morschen Gelenke annahmen, sie mit frischem Fett versorgten und so folge sie dem Lkw an einer Schleppstange weg vom Schulhof. Langsam ging es durch Strassen, die sie teilweise selbst einmal gebaut hat. Auf einen Hof, wo noch andere alte Maschinen ihren Lebensabend verbringen. Hier fühlt sie sich wohl. Die Männer nahmen sich einen ganzen Nachmittag Zeit. Der Dieseltank wurde gereinigt, die Leitungen freigemacht. Der Dreck der Jahre aus dem Rumpf geholt und die Dieselfilter getauscht. Behutsam wurde der Motor in Gang gebracht. Bei den ersten Anschleppversuchen schoß rostbraunes Wasser aus den Auspuffrohren. Zum Glück hat die Walze einen Pressluftanlasser, welcher durch die Abgase gespeist wird. Der vorgeschaltete Behälter verhinderte, dass das Regenwasser in den Motor eindrang und diese zerstörte. Nach dem dritten Versuch war es soweit. Der Motor der alten Dame wurde zu neuem Leben erweckt. Und damit konnte sie selbstständig die Reise in ihre neue Heimat antreten. Eine Halle, in der die Winter nicht so kalt, die Sommer nicht so heiß und die Herbste nicht so naß sind. Nur die spielenden Kinder werden ihr fehlen. Dafür wird sie sich ab und zu wieder einmal selbstständig fahrend den Leuten präsentieren und dabei von alten Zeiten berichten. Und bestimmt wird sie genauso stolz das Schild ihres neuen Besitzers am Rumpf tragen, der Interessengemeinschaft historische Baumaschinen e.V.

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Die Walze als Denkmal auf dem Schulhof

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Das Rettungsteam. Der vierte Mann befindet sich auf der anderen Seite der Kamera

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Fahrt durch Wiesental

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Der Lenker kennt die Walze noch aus ihrem Arbeitsleben

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Auf der Zielgeraden

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Inmitten anderer historischer Maschinen

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Das alte Firmenschild

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Und das Herstellerschild

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Der Motor vor der Reinigung - sieht aus wie ein Scheunenfund

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Das fette Rohr unten dient als Sammelkasten für die Preßluft und hat den Motor gerettet. Am unteren Bildrand sieht man den Abgaskrümmer, welcher deutlich über dem Sammelrohr liegt

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Die erste Fahrt aus eigenem Antrieb seit vielen Jahren.
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Die lief natürlich mit Zündfix- wobei einer der Halter undicht ist und der Motor auf dem Zylinder bis jetzt nur mit geringer Leistung läuft.

Heute habe ich in meinen alten Bildern gestöbert und dabei festgestellt, daß ich eine baugleiche Walze bereits vor 8 Jahren fotografiert hatte. Interessant ist das ältere Baujahr und die höhere Seriennummer.

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Die Walze hat noch einen imposanten Aufreißer

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